Egon Mundt

(63 Jahre Diabetes)
Egon Mundt

Ich wurde 1937 als vierter Sohn in Berlin geboren. Meine Mutter starb bei meiner Geburt. Da mein Vater sich schon um die drei anderen Kinder kümmern musste, wurde ich von meiner Tante und ihrem Mann aufgenommen und später adoptiert. So kam ich nach Schleswig-Holstein.

Im April 1953, ich war 15 Jahre alt, begann ich mit meiner Maurerlehre. Im August desselben Jahres bekam ich eine Grippe. Danach stellte man bei mir die Zuckerkrankheit fest und ich wurde in der Flensburger Klinik Ost auf Insulin eingestellt. Damals habe ich zweimal täglich mit Glasspritzen eine feste Menge Insulin gespritzt. Das hatte zur Folge, dass ich nur feste BE-Mengen essen durfte. Nun kann man sich aber vorstellen, dass ich als Junge, der einerseits in der Pubertät war und andererseits harte körperliche Arbeit auf dem Bau leistete, immer hungrig war und schnell unterzuckerte. Wir mussten mit drei Mann bis zu 100 Sack Zement schleppen und so kam es häufiger vor, dass ich neben den Säcken zusammen klappte und mitten hinein fiel. Da lag ich dann und musste wieder ins Krankenhaus.

Da ich den Diabetes während meiner Lehre bekam, nahmen Arbeitgeber und Kollegen die Erkrankung als gegeben hin und damit war die Sache für uns erledigt. Zum Fußballspiel trafen wir uns natürlich nach der Arbeit, wo ich wieder Hunger bekam… Am schönsten waren die Freitage, denn da war ich bei meiner Großmutter zu Kaffee und Kuchen eingeladen, was ich mir nie entgehen ließ -ein Fest. Wie oft habe ich ansonsten vor dem Einkaufsladen gestanden und geheult, weil alles leckere, essbare Kohlenhydrate, verboten war. Während meiner Lehrzeit besuchte ich in einem Abendkurs die Berufsschule in Flensburg um die Fachschulreife zu erlangen. Diese schloss ich mit dem Maurermeisterbrief ab.

1965 zog ich für zwei Jahre nach Hamburg, bekam diesmal eine Ketoazidose und musste wieder in die Klinik nach Bergedorf. Zu dieser Zeit war es üblich, dass man als Diabetiker seine Glasspritzen in einem Kochtopf auskochte, die Nadelspritzen mit Sandpapier schärfte und die Spritzstellen mit Brennspiritus abrieb. Das war manchmal ganz schön anstrengend, wenn nicht schwierig, da man immer „Extrawürste“ brauchte. Etwas besser wurde es, als es endlich Plastikspritzen gab. Das war eine große Erleichterung im täglichen Leben. Zurück in Flensburg bekam ich im Fanziskus-Hospital als schwer-einstellbarer Typ1er im Jahr 1985 eine Insulinpumpe. Nun habe ich schon einige Pumpenmodelle getragen und bin froh, dass es sie gibt.

Wenn ich auf mein bisheriges Leben zurückblicke, kann ich sagen: „Mit Diabetes kannst du leben.“

Geschrieben im Auftrag des Patienten: Imogen Grottschreiber (Diabetesberaterin DDG)

Veröffentlicht: 2016

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