Heike Lubach

(55 Jahre Diabetes)
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1967 hatte ich nach einer Mumpserkrankung lange Zeit viel Durst, musste enorm viel Wasserlassen und fühlte mich sehr schlapp. Am 4. Januar 1968 dann Besuch beim Kinderarzt mit meiner Mutter. Mir wurde Blut abgenommen, welches meine Mutter und ich dann persönlich in das Labor bringen mussten. 3 Tage später erfuhren meine Eltern dann das Blutuntersuchungsergebnis beim Kinderarzt. DIABETES TYP 1 und eine sofortige Krankenhauseinweisung erfolgte. Mir waren die Konsequenzen dieser Diagnose als Kind nicht bewusst. Ich dachte, alles wird wieder gut… Von diesem Zeitpunkt an war mein Leben total fremdbestimmt.

In allen Schulferien war in den ersten Jahren ein Krankenhausaufenthalt zur Überprüfung der Blutzucker- und Insulineinstellung notwendig. Überprüfung der Diabeteseinstellung gab es für daheim nur mit Urinteststreifen und die gaben durch die Färbung nur Aussage darüber, dass der Zucker wieder hoch und höher war. Arztbesuche waren immer wieder an der Tagesordnung. Selbstständig eine Änderung der Insulindosis oder dem BE-Plan vorzunehmen hat meine Mutter niemals durchgeführt. Das konnten nur die „Götter in Weiß“.

Der 1. Aufenthalt in einer Diabetesklinik 1973 war dann der „Durchbruch“. Hier lernte ich, mal mit Altinsulin den BZ zu deckeln, um höhere Werte in den Griff zu kriegen. Aber die Testmöglichkeiten des BZ für daheim waren noch unzureichend. Jahrelang gab es für Patienten nur die BZ-Teststreifen, die mit Farbfeldern eine ungefähre BZ-Höhe in ca. 40-iger mgdl-Schritten anzeigten. Es sollten noch einige Jahre vergehen, bis ich das 1. BZ-Testgerät in den Händen hielt.

Und dann die Pubertät: Diabetiker wollte ich nicht sein, habe sehr oft „über die Stränge geschlagen“. Die permanent auftretenden BZ-Erhöhungen wurden von Seiten der Ärzte durch immer größere Insulingaben behandelt bis hin zu 120 iE Insulin pro Tag. Das ging nicht lange gut. Ich erlebte im Sommer 1975 eine sehr schwere Hypo mit tiefer Bewusstlosigkeit. Gottseidank war ich kurz vorher in die Diabetesklinik gekommen und hier konnte mir sehr geholfen werden. Insulinreduzierung um 50 %.

Die starke Gewichtszunahme verleitete mich dann 1976 zu dem fatalen Entschluss, Abnahme durch Insulinentzug zu probieren -das sogenannte „Insulin-Purging“-. Ich war ja zu Beginn meines Diabetes sehr, sehr dünn, weil u.a. das Insulin im Körper fehlte. Gedacht, getan… aber ich hatte nicht mit einer ketoazidotischen Hyperglykämie gerechnet. Per Notfall dann ins Krankenhaus, wo mir der Arzt wohlmeinend sagte, ich müsste ja nicht „Twiggy“ sein. NIE WIEDER solche Abenteuer !!!

Nachdem ich einen medizinischen Beruf ergriffen hatte (med. Fachangestellte), wechselte ich 1979 in diesem Beruf in ein Dialysezentrum. Hier lernte ich schnell, wie der unzureichende Umgang mit dem Diabetes zu Spätfolgen führen kann. Die Hälfte unserer Patienten hatten Diabetes, der zum Nierenversagen geführt hatte. Bei mir trat 1982 dann eine starke Glaskörperblutung am linken Auge auf und es drohte ggf. eine Erblindung. Beide Augen wiesen eine diabetische Retinopathie auf. Eine einmalige Krykoagulation und danach Laserbehandlungen waren (über einige Jahre) notwendig. Dies lies mich sehr läutern und ich habe begonnen, mich kontinuierlich unter Begleitung der Dialyseärzte intensiv über Diabetes Typ 1 und die Behandlungsmöglichkeiten zu informieren. Ich bekam auch das 1. BZ-Messgerät zum Testen und die Insulingabe per ICT habe ich dann an mir ab 1988 ausprobiert und kam recht gut damit zurecht. Die Stabilisierung meiner BZ-Stoffwechsellage führte auch zur Stabilisierung der diabetischen Retinopathie.

Der Umgang mit meiner individuellen Diabetes-Insulintherapie machte mich sehr selbstständig. Nur bei wenigen Fragen, habe ich mich an meine Arztkollegen wenden müssen. Eine große Hilfe war auch mein Ehemann, mit dem ich seit 1984 verheiratet bin, der seitdem meine „Diabetes-Laufbahn“ begleitet hat und mir dann auch in den 90-iger Jahren 3 x bei schwerer Hypoglykämie mit Arztnotwendigkeit (nach großer körperlicher Anstrengung bei Hausrenovierung) geholfen hat.

Unter ICT vergingen die Jahre. Die Testgeräte für BZ wurden immer besser. Es kamen neue Insuline auf den Markt. Mein HbA1c-Wert lag so bei 6,5-6,9 %. Es gab immer mal wieder BZ-Schwankungen mit leichten Hypos.

Ab 2013 schwankten dann die BZ-Werte sehr, da ich viel beruflichen und auch familiären Stress hatte. Dies wirkte sich auf mein gesamtes Diabetes-Leben aus. Im November 2016 wurde ich arbeitsunfähig und bin im Mai 2017 berentet worden.

Da ich nun keine betreuenden Ärzte aus dem Dialysezentrum mehr hatte, habe ich mich an eine diabetologische Fachpraxis gewandt und habe hier dann zur Glukoseüberprüfung ein FGM-Gerät verordnet bekommen und auch eine Insulinpumpe für die kontinuierliche Insulingabe.

Last but not least… meinen Glukosetoleranzbereich (70-180 mgdl) erreiche ich seitdem zu ca. 90 % und mein HbA1c liegt bei 6,2 %. Ich habe recht selten echte Hypos oder länger währende Hyperglykämien. Was will man mehr. Ich habe im Umgang mit meinem Diabetes viel erlebt und gelernt. Von der Metallspritze, die man immer auskochen musste bis zur kontinuierlichen Insulingabe per Pumpe. Mal sehen, was ich bzw. wir Diabetiker noch Neues in Bezug auf die Diabetestherapie erleben werden.

Veröffentlicht: 2023

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