Preisträger 2024

Bernhard 
Mattes
Bernhard Mattes steht zwischen Gaby Allrath von diabetesDE und Stefanie Haag, Moderatorin des WDT, alle drei lachen in die Kamera. Herr Mattes trägt eine eckige silberne Brille und ein dunkles Sakko mit hellem Hemd und Krawatte. Er hält einen großen Blumenstrauß in der Hand. Links neben ihm steht Gaby Allrath. Sie zeigt die Mehnert-Medaille in die Kamera. Rechts neben Herrn Mattes steht Stefanie Haag, die Moderationskarten in der Hand hält.

Laudatio

Für unseren heutigen Preisträger Bernhard Mattes, der 1942 in Stuttgart zur Welt kam, war das Jahr 1953 ein Jahr der entscheidenden Ereignisse: Das Schloss-Freibad in Großsachsenheim wurde gebaut. Für die Jugendlichen der Umgebung gab es hier die Möglichkeit, durch körperliche Arbeit mehrere Jahre freien Eintritt zu erhalten. Gleichzeitig bekam Bernhard Mattes Diabetes, ohne dass er zunächst wusste, was mit ihm los war.

Die körperliche Anstrengung beim Freibadbau nahm Bernhard Mattes doch sehr mit. Er hatte dauernd Durst und der Nachttopf, der immerhin ein Fassungsvermögen von 3,5 Litern hatte, war oft voll. Allmählich wurde er immer dünner und schwächer. Doch die Ärzte glaubten an eine Hirnhautentzündung oder Kinderlähmung. Der Diabetes wurde nicht erkannt.

Gegen den großen Durst trank Bernhard Mattes dann auch noch flaschenweise Limonade. Schließlich wurde er bewusstlos in eine Klinik eingeliefert. Da er bloß noch Haut und Knochen war, konnte nur mittels einer Rückenmarkspunktion ein „Blutzuckertest“ gemacht werden. Das Ergebnis: 1250 mg/dl. Nun war klar, was Bernhard Mattes hatte, nämlich „Juvenilen Diabetes“, wie man damals sagte, also Typ-1-Diabetes.

In der Kinderklinik Stuttgart wurde er schließlich auf Insulin eingestellt. Bald ging es ihm wieder gut! Seine Betazellen produzierten noch etwas körpereigenes Insulin, deshalb reichte zunächst eine geringe Insulinmenge.

Alle vier Wochen musste der 11-Jährige in die Kinderklinik nach Stuttgart zur Blutzuckermessung. Dazu wurde damals das relativ umständliche Hagedorn-Jensen-Verfahren angewandt, bei dem die Blutproben aufgekocht, zentrifugiert und verdünnt werden mussten. Nach ca. zwei Stunden hatte man dann einen Wert. An Teststreifen, geschweige denn Sensoren war seinerzeit noch nicht einmal zu denken.

1962 machte Bernhard Mattes Abitur und studierte dann Nachrichtentechnik an der TH Stuttgart, bevor er 1968 seine Berufstätigkeit bei der Fa. Bosch begann. 1969 wurde geheiratet, Bernhard Mattes und seine Frau bekamen 3 Kinder und haben inzwischen 5 Enkel, von denen keiner Diabetes hat.

Erst 1970 kam ein zuhause verwendbares Blutzuckermessgerät heraus. Das „Reflomat“ war ein ca. 1,1 kg schwerer, orangefarbener Kasten, der ans 220 V-Netz angeschlossen werden musste. Durch Verdrehen einer Stellscheibe, bis der Zeiger in der Skalenmitte war, konnte hier der analog dargestellte Zuckerwert abgelesen werden.

Seine erste Pumpe erhielt Bernhard Mattes 1986 an der Uniklinik Ulm. Dort durfte er auch einmal für 24 Stunden ans Küpa (= Künstliches Pankreas), das den Blutzucker kontinuierlich aufgezeichnet und das Insulin bedarfsgerecht und entsprechend der Kohlenhydratmenge abgegeben hat. Die Behandlung bliebt Bernhard Mattes im Gedächtnis, denn zum Abschluss durfte er ein halbes Pfund Süßkirschen essen…

2005 hatte Bernhard Mattes dann immer wieder unerklärliche niedrige Zuckerwerte. Sein Diabetologie vermutete eine ungenügende Kohlenhydratverdauung und veranlasste einen Test auf Glutenunverträglichkeit, und siehe da, Bernhard Mattes hatte nun auch Zöliakie! Diese Krankheit empfand er als viel heimtückischer als Diabetes, da man nicht immer erkennen kann, ob das, was man zu sich nimmt, wirklich glutenfrei ist. Wer würde z.B. denken, dass in Kukident-Gebissreinigungstabletten Gluten enthalten ist und in Corega-Tabs nicht?

Auch weitere Erkrankungen wie eine Autoimmun-Enteropathie und mehrere Operationen trägt Bernhard Mattes Fassung: „Mein Darm ist jetzt ca. 75 cm kürzer. Aber das macht nichts, er ist immer noch lang genug.“

Heute nutzt Bernhard Mattes Pumpe und Sensor, also einen einfachen Closed Loop. Er ist sehr froh und dankbar für die bisherigen großen Fortschritte in der Medizin und Therapie-Technik! Dank seines recht disziplinierten Ernährungsverhaltens lag der HbA1c von Bernhard Mattes im Juli 2024 bei 6,1 %. Nach 71 Jahren Diabetes lebt Bernhard Mattes das Leben eines „Bedingt-Gesunden“ und wünscht sich, dass sich die Therapie-Methoden weiter verbessern.

Herzlichen Glückwunsch an den Preisträger der Mehnert-Medaille 2024, Bernhard Mattes!

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